Der BFH hat in einem Urteil (BFH-Urteil v. 2.12.2021, VI R 23/19) entschieden, dass zusammengeballte Überstundenvergütungen mit den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zu bewerten sind. Im Streitfall hat sich der Arbeitnehmer X Überstunden aus den Jahren 2013 bis 2015 aufgrund einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer Summe auszahlen lassen. Das Finanzamt erfasst die Überstundenvergütung (ca. 6.000 €) als zusätzlichen Arbeitslohn und berücksichtigte dabei nicht den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG. Folglich wurde das zusätzlich Einkommen des X verstärkt mit der Einkommenssteuer belastet und der Nettolohn erheblich gesenkt. Grund hierfür ist die progressive Einkommenssteuer, wodurch eine steigende Einkommenssteuer bei höheren Einkommen fällig wird.

Voraussetzung für den ermäßigten Steuersatz

Voraussetzung für den ermäßigten Steuersatz ist, dass der Steuerpflichtige eine mehrjährige Tätigkeit im Unternehmen absolviert hat. Genauer gesagt, sollte sich die Tätigkeit mindestens über zwei Veranlagungszeiträume erstrecken und mehr als zwölf Monate dauern (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Weiterhin muss es sich um eine zweckbestimmte Entlohnung handeln, welche sich aus dem Anlass der Zuwendung ergeben sollte. Sind diese Merkmale erfüllt kann bei der Überstundenvergütung in zusammengeballter Form von außerordentlichen Einkünften ausgegangen werden. Eine Gewährung des ermäßigten Steuersatzes erfolgt aber, wenn diese Einkünfte innerhalb eines Veranlagungszeitraumes ausgezahlt werden.

Im Streitfall erstreckten sich die Überstundenvergütungen über zwei Veranlagungszeiträume (2013 -2015) und eine mehr als zwölfmonatige Tätigkeit bei den Unternehmen lag ebenfalls vor. Das zweckbestimmte Entgelt ergibt sich daraus, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorlag. Weiterhin wurden die gesamten Überstunden in einer Summe ausbezahlt. Somit sind die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG erfüllt.

Ermäßigter Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG

Der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG ergibt sich dann wie folgt (Berechnung anhand eines Beispiels mit vereinfachten Werten) : 

Die Steuerpflichtige M verdient im Veranlagungsjahr 2019 46.000 € Brutto. Zusätzlich dazu lässt sie sich die Überstundenvergütung der letzten Jahre (2015-2019) aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer Summe auszahlen (20.000 €).

Jahreseinkommen                                                                                                                46.000 €

Überstundenvergütung                                                                                                       20.000 €

= zu versteuerndes Gesamtbrutto                                                                                      66.000 €

Einkommenssteuer (auf Gesamtbrutto)                                                                            18.939 €

Anwendung des ermäßigten Steuersatzes:

Neues Gesamtbrutto                                                                                                           50.000 €

(Jahreseinkommen + 1/5 der Überstundenvergütung)

Darauf zu zahlende Einkommenssteuer                                                                          12.295 € 

Einkommenssteuer ohne Überstundenvergütung                                                        10.753 €

(Jahreseinkommen 46.000 €)

Differenz                                                                                                                                1.542 €

(12.295 € – 10.753 €)

Steuer auf Überstundenvergütung ( nach Fünfteleregelung)                                       7.710 €

(1.542 € * 5)

Steuer auf Überstundenvergütung (ohne Fünftel Regelung)                                        8.186 €

= Summe der Steuerersparnis                                                                                               476 €

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