Die Einordnung von Aufwendungen im Zuge einer Gebäudeanschaffung und Sanierung kann häufig zum Streitfall mit dem zuständigen Finanzamt werden. Dabei geht es um Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 6 Abs.1 Nr. 1a EStG. Demnach gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Wie diese Rechtsgrundlage auf die Abfindungen für bestehende Mietverhältnisse anzuwenden ist, wird im Folgenden anhand eines Rechtsstreits erläutert.

Streitfall

Die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ist eine GbR, deren Gesellschaftszweck in der Vermietung von Grundstücken besteht. Im VZ 2016 erwarb diese vier Wohneinheiten in einem denkmalgeschützten Gebäude. Kaufpreis betrug 1,2 Millionen Euro. Um die Wohneinheiten auf einen technisch höheren Stand zu heben, wurden zwischen 2016 und 2018 umfassende Renovierungsarbeiten der Klägerin an den Mietwohnungen vorgenommen. Der Einfachheit halber wurden dabei Abfindungen an die bestehenden Mieter in Höhe von 35.000 Euro gezahlt, um diese zu einem vorzeitigen Auszug zu bewegen. Die Renovierung wäre zwar auch mit dem Verbleib der Mieter möglich gewesen, aber deutlich umständlicher. Die GbR machte die Abfindungen dabei als sofortabziehbare Werbungskosten in ihrer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung geltend. Das zuständige Finanzamt entschied im Zuge einer Betriebsprüfung aber die Mieterabfindungen als Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 6 Abs.1 Nr. 1a EStG zu qualifizieren. Das FG Münster, zuständig bei der zugrunde liegenden Klage, stimmte dem FA dabei in Ihrem Urteil zu, die Abfindungen als Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu qualifizieren.

BFH-Urteil: Mieterabfindungen – Sofortabzugsfähig

Der BFH urteilte entgegen dem FA und des FG Münster aber zugunsten der GbR. Gemäß dem BFH sei der Anwendungsbereich der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen dabei auf bauliche Maßnahmen am Gebäude selbst beschränkt. Demnach fallen Aufwendungen, welche lediglich mittelbar mit den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Zusammenhang stehen, nicht automatisch unter den § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Zu diesen Aufwendungen zählen auch Abfindungen für zuvor bestehende Mietverhältnisse. Darüber hinaus sei nämlich auch die zeitliche Einordnung der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu beachten. Die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind dabei auf den Beginn der Baumaßnahmen abgestellt. Als Beginn der Baumaßnahmen kann dabei entweder die Stellung eines Bauantrages oder bei baugenehmigungsfreien Vorhaben die Einreichung der Bauunterlagen angesehen werden (§ 52 Abs. 16 Satz 8 EStG i.d.F. des StÄndG 2003). Mieterabfindungen werden dabei häufig im Vorfeld gezahlt und sind demnach auch in der zeitlichen Einordnung nicht den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zuzurechnen. Weiterhin erörtert der BFH, dass der § 6 Abs.1 Nr. 1a EStG ohnehin eine Vereinfachung bezweckt, wonach Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen eines Gebäudeerwerbes nicht isoliert betrachtet werden müssen (Senatsurteil in BFHE 254, 246, BStBl II 2016, 996, Rz 16; Schindler in Kirchhof/Seer, a.a.O., § 6 Rz 70). Sind Aufwendungen aber nicht den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zugehörig, ist grundsätzlich eine getrennte Betrachtung notwendig. Unter Berücksichtigung dieser Punkte entschied der BFH die Mieterabfindungen als sofortabzugsfähige Werbungskosten aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) zu klassifizieren.

Hinweis: Abriss und Neubau

Es ist aber darauf hinzuweisen, dass in diesem Rechtsstreit das zugrunde liegende Gebäude dem Denkmalschutz unterstellt ist und demnach ein vollständiger Abriss und Neubau nicht möglich gewesen wäre. Dementgegen ist nämlich zu vermerken, dass der Abriss eines Gebäudes zur Errichtung eines Neubaus an derselben Stelle selbstverständlich zu Herstellungskosten führt. Dabei würde auch die Ablösungen für ein bestehendes Mietverhältnis diesen unterworfen werden und demnach zu den nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 01.10.1975 – I R 243/73, BFHE 117, 153, BStBl II 1976, 184).

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