Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eins Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Abs. 4 S. 8 EStG). Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob bei einem Fernstudium, die Fernuniversität gleichermaßen als erste Tätigkeitsstätte angesehen werden kann. Insbesondere dann, wenn das Studium nicht in Vollzeit absolviert wird.

Finanzverwaltung: Auffassung Vollzeitstudium

Laut einem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2020 liegt ein Vollzeitstudium dann vor, wenn das Studium zur Vorbereitung einer Berufsausübung dient und neben dem Studium keiner bzw. durchschnittlich einer bis zu 20 Wochenstunden umfassenden Tätigkeit nachgegangen wird. Darüber hinaus ist auch eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des Sozialgesetzbuches legitim.

Niedersächsisches FG: Streitfall Fernstudium in Teilzeit

Der Kläger absolvierte im Streitjahr ein Fernstudium in Teilzeit. Darüber hinaus ging er neben dem Studium keiner Erwerbstätigkeit nach. In der Steuererklärung setzte der Kläger nun die Fahrtkosten zum Standort der Bildungseinrichtung in voller Höhe an. Nach Ansicht des Klägers handelte es sich bei der Fernuniversität nicht um seine erste Tätigkeitsstätte und die Fahrtkosten können somit in voller Höhe angesetzt werden. Das Finanzamt widersprach dieser Ansicht jedoch und kürzte die Fahrtkosten auf die Entfernungspauschale. Der Kläger legt daraufhin Einspruch gegen die Entscheidung des Finanzamtes ein, da er das Studium von Zuhause aus absolvierte und die Fernuniversität nur für Klausuren und Lerngemeinschaften mit Kommilitonen aufsuchte. Somit handelt es sich nach seinen Angaben nicht um ein Vollzeitstudium.

Entscheidung Niedersächsisches FG

Das FG Niedersachsen hat entschieden, dass es sich bei der Fernuniversität im Streitfall nicht um die erste Tätigkeitsstätte des Steuerpflichtigen handelt. Begründung dafür sei, dass es sich für die Anwendung der Entfernungspauschale nach §9 Abs.4 S.8 EStG um ein Vollzeitstudium bzw. eine vollzeitige Bildungsmaßnahme handeln muss. Grundlage für ein Vollzeitstudium bzw. eine vollzeitige Bildungsmaßnahme sei ein Arbeitsaufwand von 40 Wochenstunden. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt, da der Kläger an der Fernuniversität nur ein Teilzeitstudium absolvierte. Dieses umfasst laut eigener Beschreibung der Fernuniversität ein wöchentlicher Arbeitsaufwand von 20 Wochenstunden. Weiterhin liegt nach Definition des BFH eine vollzeitige Bildungsmaßnahme bzw. ein Vollzeitstudium vor, wenn der Steuerpflichtige sich dieser vollumfänglich widmen muss. Im Streitfall ist das Studium aber in Teilzeit grade darauf ausgerichtet gewesen, dass der Kläger sich diesem nicht vollumfänglich widmen muss. Folglich entschied das FG Niedersachsen, dass die Fahrtkosten des Klägers nicht auf die Entfernungspauschale begrenzt sind. Ein Revisionsverfahren zum beschriebenen Streitfall liegt zurzeit aber dem BFH vor, sodass die endgültige Entscheidung noch abzuwarten ist.

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