Inwieweit für betriebliche Fahrzeuge eines Handwerkers auch Entnahmen für private Fahrten mit der 1%-Regelung oder dem Fahrtenbuch zu berücksichtigen sind, stellt häufig ein Streitpunkt mit dem Finanzamt dar. Nachfolgend nimmt der BFH zu einem solchen Fall erneut Stellung. Welche Entscheidungsgründe aus diesem Urteil anzuwenden sind, um zu beurteilen, ob für ein „Handwerker-Kfz“ die 1%-Regelung anzuwenden ist, legen wir im Folgenden dar.

Streitfall: Finanzamt wendet 1%-Regelung an

In den Streitjahren 2012-2014 betrieb der Kläger einen Hausmeisterservice. Zum Betriebsvermögen gehörten dabei ein Mercedes Benz Vito (Transporter) und ein Multicar M26 (Arbeitsfahrzeug). Eine Entnahme in den Zügen der 1%-Regelung wegen möglicher privater Nutzung der Fahrzeuge erklärte der Kläger nicht. Das zuständige Finanzamt war dahingegen der Ansicht, dass der Mercedes Benz Vito auch für private Fahrten vom Kläger genutzt wurde und demnach die 1%-Regelung Anwendung findet.

FG-Urteil: Kein privater PKW – 1%-Regelung anzuwenden

Das Finanzgericht stimmte der Beurteilung des Sachverhaltes durch den Beschwerdegegner (Finanzamt) zu. Es wurden während des Verfahrens zwar keine Bilder des Mercedes Benz Vito vom Kläger vorgelegt, es kann aber allgemein davon ausgegangen werden, dass es sich um einen Kastenwagen handelt, welcher im Streitfall nicht mit betrieblichen Einrichtungen (z. B. fest eingebauten Fächern für Werkzeuge) ausgestattet war. Darüber hinaus besaß der Kläger in den Streitjahren neben dem Mercedes Benz Vito und dem Multicar M26 kein weiteres Kfz im Privatvermögen. Demnach würdigte das Finanzgericht den Streitfall dahingehen, dass der Mercedes Benz Vito vom Kläger auch für private Fahrten genutzt werden könnte, zumal der Kläger neben dem Multicar M26, nicht über ein weiteres Kfz im Privatvermögen verfügt. Der Multicar M26 ist andererseits von der Anwendung der 1%-Regelung ausgeschlossen, da es sich um ein reines Arbeitsfahrzeug handelt. Das der Kläger, welcher in den Streitjahren auf dem Land wohnte, gar keine privaten Fahrten durchführte, wäre abschließend auch nicht plausibel.

BFH-Urteil

Vor dem BFH weist der Kläger an, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen in seinem Streitfall von den folgenden BFH-Urteilen vom 18.12.2008 – VI R 34/07 (BFHE 224, 108, BStBl II 2009, 381) und vom 17.02.2016 – X R 32/11 (BFHE 253, 148, BStBl II 2016, 708) abwichen.

Im Urteil vom 18.12.2008 – VI R 34/07 (BFHE 224, 108, BStBl II 2009, 381) stellte die GmbH ihrem Geschäftsführer einen Opel Astra sowie einen Opel Combo zur Verfügung. Das dortige Finanzamt wendete für beide Fahrzeuge die 1%-Regelung an. Der BFH beschränkte die Anwendung der 1%-Reglung in seinem Urteil dann nur auf den Opel Astra, da der Opel Combo im Aufbau einem Kastenwagen glich und im hinteren Teil mit fest verbauten Materialschränken einschließlich Beschriftungen ausgestattet war. Der BFH sieht zwischen diesem Urteil und dem vorliegenden Streitfall keine parallelen, da dem Kläger neben dem Mercedes Benz Vito kein weiteres Fahrzeug für private Fahrten zur Verfügung stand. Außerdem handelt es sich bei dem Mercedes Benz Vito im Streitfall nicht um ein „Handwerker-Kfz“ aufgrund dessen, dass die Einrichtungen zu betrieblichen Zwecken (Werkzeugfächer etc.) fehlen.

Im zweiten BFH-Urteil vom 17.02.2016 – X R 32/11 (BFHE 253, 148, BStBl II 2016, 708), auf welches der Kläger verweist, gehört zum Betriebsvermögen ein VW-Transporter. Auf der Ladefläche dieses Transporters sind dauerhaft Werkzeuge untergebracht. Zudem besaß der Gewerbetreibende im Privatvermögen noch ein weiteres Kfz, welches zur Beförderung seiner Familie geeignet war. Deshalb entschied der BFH für den VW-Transporter keine 1%-Regelung anzuwenden. Der BFH sieht hierbei ebenfalls keine Vergleichbarkeit mit dem aktuellen Streitfall, da der Kläger kein weiteres Fahrzeug für private Fahrten besitzt.

Somit schließt sich der BFH im aktuellen Urteil seinen Vorinstanzen an und urteilt, dass der Mercedes Benz Vito für Entnahmen mit der 1%-Regelung zu besteuern ist.

Grundlegend ist deshalb bei der Anwendung der 1%-Regelung für „Handwerker-Kfz“ folgende Kriterien zu beachten:

  • Steht dem Steuerpflichtigen neben dem „Handwerker-Kfz“ noch ein weiteres Fahrzeug für private Fahrten zur Verfügung?
    Hinweis: Diese Überlegung könnte für Steuerpflichtige mit Wohnort in Großstädten entfallen, wenn Sie dem Fiskus nachweisen können, dass für alle privaten Fahrten öffentliche Verkehrsmittel (S- und U-Bahn, Busse …) sowie E-Scooter etc. genutzt wurden.
  • Sind im „Handwerker-Kfz“ Einrichtungen zu betrieblichen Zwecken vorhanden (z. B. Werkzeugfächer)?
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