Das Zufluss-/Abfluss-Prinzip beschreibt die Vorschrift, dass Einnahmen bzw. Ausgaben dem Kalenderjahr zugeordnet werden, indem sie zugeflossen bzw. geleistet worden sind. Relevant ist für das Zufluss-/Abfluss-Prinzip vor allem der tatsächliche Zeitpunkt der Einnahmen oder Ausgaben.
Anwendungsbereiche des Zufluss-/Abfluss-Prinzip
Der §11 EStG gilt für die Überschuss Einkunftsarten (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§19 EStG), Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG und sonstige Einkünfte (§22 EStG)). Die Nutzung des Zufluss-/Abfluss-Prinzips für die Gewinn Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§13 EStG), Einkünfte aus Gewerbetrieb (§ 15 EStG), Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 19 EStG)), wird im §11 Abs. 1 S.5 EStG bzw. dem §11 Abs. 2 S.6 EStG eingeschränkt. Demnach entfällt eine Anwendung des Zufluss-/Abfluss-Prinzips, wenn eine Gewinnermittlung durch den Betriebsvermögensvergleich nach §4 Abs. 1 EStG erfolgt. Anwendbar ist das Zufluss-/Abfluss-Prinzip somit bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung (§4 Abs. 3 EStG) .
Weiterhin finden die Vorschriften des § 11 Verwendung bei:
- Einnahmen nach § 8 EStG (z.B. 44€ Sachbezug oder 1.080€ Rabattfreibetrag) – Keine Anwendung bei §8 Abs.2 S. 2-5 EStG
- Werbungskosten
- Betriebseinnahmen und -ausgaben wenn Gewinnermittlung nach §4 Abs.3 EStG
- Abzugsfähige Sonderausgaben
- Außergewöhnliche Belastungen
Keine Nutzung des Zufluss-/Abfluss-Prinzip bei:
- Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (§11 Abs. 1 S.4 EStG i.v.m. § 38a Abs. 1 S.2 EStG)
- Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
- Anschaffung und Herstellungskosten, die sich über Abschreibungen als Ausgaben bzw. Werbungskosten auswirken.
Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben
Eine Ausnahme des Zufluss-/Abfluss-Prinzip besteht nach §11 Abs. 1 S.2 bzw. Abs.2 S.2 EStG bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben. Dabei zählt nämlich das Kalenderjahr, in welches die Einnahmen bzw. Ausgaben wirtschaftlich gehören und nicht der Zeitpunkt des Zuflusses oder Abflusses. Voraussetzung dafür ist, dass es kurze Zeit (10 Tage) vor oder nach dem Kalenderjahr bezogen bzw. ausgegeben wurde und zusätzlich eine Fälligkeit bestand. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben zahlen Zinsen, Miete, Pacht, Versicherungsbeiträge etc.
Beispiel:
Die A erhalt von ihrem Mieter B aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten erst am 09.01.2021 die Miete für Dezember 2020.
Hierbei könnte man zunächst vermuten, dass ganz normal das Zufluss-/Abfluss-Prinzip greift und somit lediglich der Zeitpunkt des Zuflusses für uns relevant ist. Folglich wurde die Mieteinnahme für die A in das VZ 2021 zählen, da die Zahlung des B erst am 09.01.2021 erfolgt ist. Zu beachten sind dabei aber die regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen, unter die auch die Miete des B fällt. Die Zahlung erfolgt kurze Zeit nach Ende des Kalenderjahres (innerhalb von 10 Tagen) und von einer Fälligkeit der Dezember 2020 Miete kann ebenfalls ausgegangen werden. Aus diesem Grund ist die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Mieteinnahmen maßgebend. Somit entfallen die Mieteinnahmen in das VZ 2020.