Umsatzsteuerliche Behandlung der Preisabschläge bei der Lieferung von Arzneimitteln: Dürfen die Abschläge unterschiedlich beurteilt werden? Klärung erfolgt durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH)
Hintergrund:
Krankenkassen (sowohl gesetzliche als auch private) haben einen Anspruch auf Preisabschläge auf Arzneimittel, die die pharmazeutischen Unternehmen tragen müssen (= gesetzliche Vorgabe).
Die Abschläge sind grundsätzlich für alle Krankenkassen von der Höhe gleich.
Der Unterschied besteht allerdings in der Abrechnung des Abschlags: Bei gesetzlich Versicherten stellen die Apotheken den Krankenkassen die Arzneimittel direkt zum verminderten Preis in Rechnung (also abzüglich des Abschlags). Diesen Abschlag erstattet ihr dann das pharmazeutische Unternehmen, gegebenenfalls über den Großhändler.
Privat Versicherte müssen zunächst für die Arzneimittel den vollen Preis zahlen und dann erstattet die private Versicherung grundsätzlich die gesamten Kosten an den Versicherten zurück. Der pharmazeutische Unternehmer muss der privaten Krankenkasse dann die Preisabschläge erstatten.
Umsatzsteuerliche Behandlung der Preisabschläge unterschiedlich:
Preisabschläge, die pharmazeutische Unternehmen gewähren müssen, werden aus umsatz-steuerrechtlicher Sicht unterschiedlich behandelt. Bisher wir nämlich differenziert, ob der Preisabschlag zugunsten einer gesetzlichen Krankenkasse oder zugunsten der privaten Krankenversicherung gewährt wird.
Die Abschläge zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen mindern die Bemessungsgrundlage für die umsatzsteuerrechtlichen Arzneimittellieferungen, da aufgrund des sozialversicherungsrechtlichen Sachleistungsprinzips eine Umsatzkette vom pharmazeutischen Unternehmen bis zur Krankenkasse vorliegt.
Die Abschläge zugunsten der privaten Krankenversicherungen werden derzeit allerdings anders behandelt. Dort endet die Umsatzkette bei dem privat Versicherten, der lediglich eine Kostenerstattung seiner Versicherung erhält.
Sicht des Bundesfinanzhofs (BFH) und Vorlage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH):
Vergleichbare Sachverhalte dürfen nach der EU-Grundrechtecharta nicht unterschiedlich beurteilt werden, da hiernach alle Personen vor dem Gesetz gleich sind. Allerdings dürfen im Umkehrschluss unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, es gäbe eine objektive Rechtfertigung einer solchen Gleichbehandlung.
Der BFH sieht keine objektive Rechtfertigung für eine abweichende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Abschläge hinsichtlich der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherungen.
Daher wurde die abschließende umsatzsteuerliche Beurteilung hinsichtlich dieser Preisabschläge nun dem EuGH vorgelegt, vgl. Beschluss vom 22.06.2016, AZ V R 42/15.
Quelle: BFH online