Das Bundeskabinett hat am 30.03.2022 die Neuregelung der Verzinsung nach § 233 a AO beschlossen. Diese war zuvor aufgrund ihrer Höhe vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für rechtswidrig erklärt worden.
Überblick: Entscheidung Bundesverfassungsgericht zur Verzinsung
Beanstandet wurden vom BVerfG in einer Grundsatzentscheidung (BVerfG Beschluss vom 08.07.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) die Zinsen, welche auf Steuernachforderungen bzw. -erstattungen entfallen. Der Zinssatz für die genannten Steuern im § 233 a Abs.1 AO betrug 0,5 % pro Monat bzw. 6 % pro Jahr. In Zeiten der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat das BVerfG entschieden, dass diese in keinem Verhältnis zu den regulären Zinsen auf dem Kapitalmarkt stehen. In dem Zeitraum vom 2010 bis 2013 sieht das BVerfG jedoch noch keine Unangemessenheit der Zinsen nach § 238 Abs. 1 AO vor. Weiterhin entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Zinsen in den Jahren 2014 bis 2018 zwar unverhältnismäßig hoch sind, aber das zuvor geltende Recht in diesen Zeitraum weiter anwendbar bleibt. Ab 2019 sollte die Bundesregierung jedoch für eine Neuregelung des § 233 a AO i.V.m. § 238 AO sorgen.
Neuregelung des Zinssatzes nach § 238 AO
In einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung sollen die Zinsen nach § 233 a AO rückwirkend zum 01.01.2019 auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt werden. Der Zinssatz ist für alle Steuern im § 233 a Abs. 1 AO anzuwenden (Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer, Vermögenssteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer).
Teilverzinsungszeiträume
Sind für die Verzinsungszeiträume unterschiedliche Zinssätze anzuwenden, gilt es diesen in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen und die Zinsen tagegenau auf den jeweiligen Zinssatz runter zurechnen. Ein Beispiel hierfür wäre nach der Gesetzesänderung, dass der Zinszeitraum auf 2018 und 2019 fällt und somit im Jahr 2018 der alte Zinssatz rechtskonform bleibt, während in 2019 eine Neuverzinsung mit 0,15 % pro Monat berechnet wird. Die tageweise Berechnung erfolgt dabei nach der voraussichtlichen Neufassung des § 238 Abs. 1a AO:
- Ermittlung nach deutscher Zinsrechnungsmethode heißt jeder Monat 30 Tage und ein Jahr 360 Tage
- Einen 31. im Monat gibt es dem Sinn nach nicht, fällt das Ende des Zinszeitraums auf den 31. des Monats wird dieser wie der 30. behandelt
- Ausnahme Februar: Wenn Zinszeitraum am 28. oder 29. Februar endet, werden die Zinsen auch nur bis zu diesen Tagen berechnet
Regelmäßige Überprüfung ob Verzinsung gesetzeskonform
Eine Überprüfung des Zinssatzes nach § 238 Abs.1 AO soll folglich nun alle 3 Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume geprüft werden (§ 247 BGB). Eine Änderung des Zinssatzes erfolgt, wenn der Basiszins zum 01.01. eines Jahres um mehr als ein Prozent von der Verzinsung des § 238 Abs. 1 AO abweicht.
Planungssicherheit für Betroffene
Der Gesetzentwurf soll laut Bundesregierung für mehr Rechts- und Planungssicherheit für betroffene Gruppen und die Finanzbehörden sorgen. In der Praxis ist der § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO zu beachten. Demnach darf eine Änderung oder Aufhebung des Steuerbescheides nicht zu Ungunsten eines Steuerpflichtigen ausfallen. Das heißt, wenn ihnen vorher Zinsen auf eine Steuererstattung berechnet wurden, darf diese nicht zu ihren Ungunsten gemindert werden.